Demografischer Wandel und (Fach-)Arbeitskräftemangel verändert die Altersstrukturen und den Umgang miteinander in Teams und Organisationen massiv. Wie ein generationsübergreifendes Miteinander in Unternehmen und im sozialen Alltag gelingen kann? Unternehmerin und Autorin Dr. Irène Y. Kilubi gibt in unserem Interview dazu wertvolle Impulse. Im Gespräch mit Kay Mantzel, New Work Ambassador bei workingwell, plädiert sie dafür, die Chancen der Alters- und Generationenvielfalt zu erkennen und zu nutzen. Ihre These: Passion, Potenzial und Persönlichkeit vor Alter.
Irène, wenn wir auf die Altersvielfalt in Unternehmen schauen – was ist da gerade die größte Herausforderung?
Eine große Aufgabe der Unternehmen ist es aktuell eine Balance zwischen den Bedürfnissen der älteren Mitarbeitenden einerseits und den Anforderungen der jüngeren Generationen an eine moderne Arbeitsumgebung zu finden. Konkret geht es um die Punkte:
Diese Herausforderungen gilt es für Unternehmen aktiv anzugehen, um die Vorteile der Altersdiversität voll auszuschöpfen und gleichzeitig die Leistungsfähigkeit ihrer Belegschaft zu erhalten.
Eine Umfrage der Mercer & Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 2020 zeigt, dass 45,5 Prozent der Unternehmen die unterschiedlichen Ansprüche und Wertehaltungen der Generationen als die größte Herausforderung sehen, wenn es um das Thema Altersvielfalt geht. Für 29,9 Prozent der Befragten ist der Wissenserhalt der älteren Belegschaft einer der wichtigsten Aspekte in diesem Kontext. Reverse Leadership, bei dem erfahrene Mitarbeitende von jüngeren Führungskräften gemanagt werden, betrachten etwa 23,2 Prozent der Unternehmen als wichtigen Punkt beim Miteinander von Jung und Alt.
Aus Mitarbeitersicht: Mit welchen Themen kämpfen Mitarbeitende, wenn es um Altersinklusion geht? Kannst Du dabei Unterschiede innerhalb der Altersgruppen beobachten?
Ja, die Unterschiede gibt es natürlich. Die Beschäftigten sehen sich – je nach Altersgruppe – mit unterschiedlichen Themen und Herausforderungen konfrontiert.
Mitarbeitende von 38 bis etwa 55 Jahren müssen die Balance zwischen beruflichen Anforderungen und Familienverpflichtungen finden. Diese Altersgruppe hat sich meistens in ihrer beruflichen Entwicklung eingependelt.
Ältere Mitarbeitende, in der Regel ab 55 Jahren, wiederum sehen die Anpassung an neue Technologien als besonders herausfordernd an. Sie kämpfen möglicherweise mit Altersdiskriminierung bei der Karriereentwicklung und können mit gesundheitlichen Einschränkungen konfrontiert sein.
Mein Rat daher an die Unternehmen: Schafft eine unterstützende und inklusive Arbeitsumgebung, die die Bedürfnisse und Potenziale aller Altersgruppen berücksichtigt!
Und wie gelingt uns das? Wie können Unternehmen, aber auch Führungskräfte, gezielt dazu beitragen?
Es gibt eine Reihe von Maßnahmen, die Unternehmen und Führungskräfte tun können:
Durch die Implementierung von Mentoring-Programmen, Wissensmanagement-Systemen und Förderung einer Lernkultur können Unternehmen das herrschende Wissen und die Erfahrungen der gesamten Belegschaft nachhaltig sichern.
Laufende Schulungsangebote, eine unterstützende Umgebung für Technologieadaption und das Zurückgreifen auf generationsübergreifende Teams tragen maßgeblich zur Agilität und Anpassungsfähigkeit eines Unternehmens bei.
Aber auch die Einführung von Gesundheitsförderungsprogrammen, flexible Arbeitsarrangements und Unterstützung bei gesundheitlichen Herausforderungen haben ganz entscheidende Auswirkungen auf das Wohlbefinden der Mitarbeitenden am Arbeitsplatz.
Die Förderung einer inklusiven Kultur, Vermeidung von Altersdiskriminierung und Förderung der Zusammenarbeit verschiedener Altersgruppen wirken sich darüber hinaus positiv auf die gelebte Arbeitskultur in Unternehmen aus.
Und schließlich schaffen Strategien zur Nachfolgeplanung, Ruhestandsberatung und Unterstützung bei der Fortsetzung der beruflichen Tätigkeit über das Rentenalter hinaus eine unterstützende Arbeitsumgebung, die der Altersdiversität gerecht wird.
All diese Maßnahmen zielen darauf ab, eine integrative und unterstützende Arbeitsumgebung zu schaffen, die die Potenziale und Beiträge aller Altersgruppen optimal nutzt.
Ich selber hatte auch einige große Herausforderungen, als ich meine Social-Impact-Initiative „Joint Generations“ gegründet habe. Zu Beginn musste ich viele Ehrenamtliche führen. Das brachte mich oft an meine Grenzen. Aber ich habe mir die Fragen gestellt: Wie motiviert man Menschen und was brauchen sie, um für ein Thema zu brennen? Für mich wurde mit der Zeit das situative Führen zum richtigen Ansatz, welches individuell auf die Menschen eingeht. Auch hier gilt allerdings, dass es mein bester Weg ist, für andere kann das ein anderer sein.
Hast Du ein Erfolgsrezept dafür wie man selbst die Zusammenarbeit mit Personen anderer Altersgruppen verbessern kann?
Da möchte ich Euch gerne die folgenden Empfehlungen an die Hand geben:
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man andere häufig unterschätzt. Jeder sollte sich sicher sein, immer eine Chance zu bekommen, um sich zu beweisen und nicht bloß darauf hoffen. Denn als junge Frau wurde ich häufig unterschätzt und leider auch nicht immer respektiert. Ich möchte, dass wir aber immer alle respektieren – unabhängig von Alter, Hautfarbe oder Geschlecht.
Dr. Irène Kilubi ist Universitätsdozentin, Keynote-Speakerin und Gründerin der Social Impact Initiative „Joint Generations“. Nach vielen beruflichen Stationen für namhafte Unternehmen folgt sie jetzt ihrer persönlichen Leidenschaft und widmet sich dem Thema „Joint Generations“. Ihr Buch, „Du bist mehr als eine Zahl – Warum das Alter keine Rolle spielt.“, ist Anfang 2024 erschienen.
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